Sehr geehrter Herr Unterländer,
ich bedanke mich für Ihren freundlichen Brief via Email und das Angebot den Dialog offen zu halten.
Nachdem ich keine Gelegenheit erhielt mich am 12. Juni im Landtag zu äußern, und als US-Bürgerin kein Recht habe eine Petition einzubringen, bitte ich Sie meine schriftliche Darstellung und Vorschläge als Beitragsgegenstand zu betrachten.
Meine Schwerpunkte sind die psychisch, körperlich und sozial langfristigen Folgeschäden und Konsequenzen, die Kindheitsmisshandlungen hinterlassen.
Es ist so viel Unrecht in den Nachkriegsjahren geschehen und die Betroffenen tragen heute noch an den Folgen. Diesen gewaltimplizierten Schmerz zu löschen, wird zwei Generationen dauern.
Trauma hinterlässt in vielen Fällen u. A. genetische Veränderungen, die nur durch Anerkennung, Verständnis und Zuneigung wieder gutzumachen und durch Trauma auflösende Therapien heilen sind.
Viele dieser psychisch schwerst verletzten Menschen haben, weil sie selbst nie Heilung ihres Trauma erfuhren, diesen Trauma-Imprint, bewusst oder unbewusst, an ihre Kinder – die nächste Generation – weitergegeben und in vielen Fällen auch die veränderten, krankhaften, Gene.
Meine Aussage wird durch internationale wissenschaftliche Arbeiten belegt.
Referenzen: http://boxbook.com/category/scientific-research/
Bedenken Sie das Ausmaß sozialer Belastungen und Kosten die Krankenkassen tragen müssen, die wiederum Anwendungen bezahlen die letztendlich zu nichts führen, weil die Ursachen nicht erkannt oder sogar verneint werden. Des Weiteren, wie viele dieser psychisch und körperlich kranken Menschen werden, auf Grund frühkindlichen Trauma, zu früh arbeitsunfähig und somit eine Langzeitbelastung des Sozialsystems?
Herr Unterländer, Sie selbst konnten in der Anhörung und in einem der Gesprächskreise einen Sekundeneinblick in die Psyche Trauma zerstörter Menschen gewinnen. Ich mache diese Arbeit seit 1994 und hörte in 2002, bei 5000 Opfern auf zu zählen, die sich an mich wendeten. Meine Arbeit mit misshandelten führte zu Teilerfolgen in der Welt. Bitte lesen Sie den 2. Eintrag in diesem Link: http://boxbook.com/letters/letter-from-bill-clinton/
Doch in Deutschland wurde dieses Thema trotz meiner intensiven Bemühungen nicht aufgegriffen.
In 2002 wendete ich mich mit dem Thema „Erwachsene misshandelt als Kinder“ an die deutsche Regierung. Erst nach einem zweiten Brief, zu dem ich meine Heimerinnerungen in Kurzform beilegte, erhielt ich irrelevante Antwort und eine gedruckte Auflage des neuen Kinderschutzgesetz.
Da sich viele ehemalige Heimkinder aufgrund meiner Webseite www.emak.org an mich wendeten, wendete ich mich 2004 ich mich an den Bayrischen Landtag, mit der Bitte die Menschrechtsverletzungen in Heimen zu untersuchen. Ich bekam keine Antwort.
Ich musste erkennen, dass eine Person kein Gehör findet.
Noch im gleichen Jahr, ermutigte ich das ehemalige Heimkind Jürgen Schubert, einen Verein zu gründen damit wir zahlenmäßig gestärkt um unsere Rechte zu kämpfen können, die uns in der Kindheit genommen wurden. Ich unterstützte den Anfang des VEH’s (Verein ehemaliger Heimkinder) mit einer Vorlage, wie ein gemeinnütziger Verein geleitet werden sollte. Leider, aber auch wie zu erwarten, war eine objektive Führung eines Vereins, das Trauma als Grundlage hatte und von traumatisierten geleitet wurde, nicht möglich und ich musste mich deshalb diesem Project entziehen. Doch meine Arbeit ging im Hintergrund weiter.
In 2004 unterstützte ich den ersten Versuch von Dierk Schaefer, Heimkinder zusammen zu bringen: http://boxbook.com/artikel-auf-deutsch/offener-brief-an-herr-dierk-schafer/ das aufgrund des hoher Gebühren scheiterte.
Danach ich wendete mich an Politiker https://misshandeltenachkriegskinder.com/briefe/briefe-an/brief-an-andreas-kuhnert-spd-brandenburg/
und http://boxbook.com/artikel-auf-deutsch/brief-vom-deutschen-bundestag-ausschuss-fur-menschenrechte-und-humanitare-hilfe/ um das Thema Kindheits-Misshandelte in Deutschland nicht sterben zu lassen. Die Resonanz war pauschal.
Dann kam die Petition der ehemaligen Heimkinder im Bundestag.
In den Augen der Betroffen war dies ein Hoffnungsschimmer. Doch schon in den Ansätzen war zu erkennen, dass dieser zu einer politischen Aktion wird. Mein versuchter Einfluss war ohne Erfolg: https://misshandeltenachkriegskinder.com/briefe/briefe-an/offener-brief-an-marie-luise-von-halem-b90-die-gruenen-brandenburg/
Weitere Bemühungen dem Thema Menschrechtsverletzung Stimme zu geben wendete ich mich u. A. an Frau Dr. Käßmann: https://misshandeltenachkriegskinder.com/briefe/briefe-an/brief-an-dr-margot-kaessmann-ev-landeskirche/ da die Fälle misshandelter Heimkinder der Diakonie-Heime sich häuften und die Heim-Träger blockierten. Bei den Rummelsberger Anstalten, unter der Leitung von Dr. Bierlein fanden ehemalige Zöglinge keine Unterstützung, es wurde sogar ein Heimkinder indirekt der Lüge gezüchtigt. Die Frau wurde gefragt „waren sie überhaupt im Heim?
Dann kam der Runde Tisch Heimerziehung.
Nachdem der Runde Tisch auf einen rechtsfreien Raum bestand, wurde uns Heimopfern noch einmal das Gefühl von Rechtlosigkeit vermittelt und, dass wir ein bedauerlicher Kollateralschaden einer hierarchischen kinderfeindlichen Zeit sind.
Das Ergebnis war schon nach ein paar Sitzungen vorauszusehen, – Schadensminderung für Kirche und Staat. https://misshandeltenachkriegskinder.com/briefe/briefe-an/offener-brief-an-dr-antje-vollmer/
Und doch brachte ich beim dem RTH, mit Hilfe von Frau Sonja Djurovic, Vorschläge ein, die das Thema psychische und körperliche Folgeschäden wissenschaftlich belegten und nannte u. A. die missachteten Paragraphen.
Noch einmal wendete ich mich an die deutsche Regierung, doch das Ergebnis des Runden Tisch wurde gelobt obwohl die Betroffenen, um die es eigentlich gehen sollte, noch einmal mit den Krümeln des Runden Tisch´s abgespeist wurden. https://misshandeltenachkriegskinder.com/briefe/briefe-an/offener-brief-an-dr-antje-vollmer/
Der Runde Tisch war zu ende, die Medien verstummten und die Lobby-losen Heimkinder mussten sich noch einmal, wie schon als Kinder, Entscheidungen einer Obrigkeit fügen.
Es ist richtig, dass der RTH ein einmaliges Geschehen in Deutschland war, doch frage ich – was ist das Ergebnis?
– Fand eine Endstigmatisierung statt?
– Wurde die Würde der Misshandelten wieder hergestellt?
– Durften die Betroffen erleben was demokratische Gerechtigkeit heißt und, dass sie Burger mit eines demokratischen Staates mit einem Grundgesetz sind? Nein.
Um in der Zukunft ähnliches zu verhindern dürfen wir den RTH nur als Anfang einer zeitlich langen Aufarbeitung Periode betrachten, da das Resultat der erlebten Gewalt in Heimen heute noch verehrende Auswirkungen hat. Siehe zum Thema sexuelle Misshandlungen Brief an Dr. Christine Bergmann: http://boxbook.com/artikel-auf-deutsch/offener-brief-an-dr-christine-bergmann-unabhangige-beauftragte-zur-aufarbeitung-des-sexuellen-kindesmissbrauchs/
Darf ich hier ein paar Anregungen zu den einzelnen von Ihnen gelisteten Themen bieten:
– Die Aufarbeitung der damaligen Situation in den Heimen,
muss politisch Vollständig sein und dem Artikel I im GGB „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ gerecht werden.
Das heißt auch wir, die Heimopfer, brauchen eine Antwort zu:
Waren die Misshandlungen der Kinder in Heimen Menschrechtsverletzungen und Kinderarbeit?
Eine unabhängige Kommission, anlehnend an Österreich-Model, (http://www.kommission-wilhelminenberg.at/) könnte Licht in die dunkle Vergangenheit werfen.
– die Traumatisierung aller Betroffenen und die hierzu vorhandenen therapeutischen Möglichkeiten,
Hierbei darf es nicht nur um psycho-therapeutische Anwendungen gehen, sondern die Auswirkungen permanenter Schäden die oftmals zu Genetischen Veränderungen führen müssten mit beachtet werden um nicht wieder halbe Ansätze als ergebnislose Lösung anzubieten. Zum Beispiel die Folgen von PTSD, die bislang nur bei Soldaten Beachtung fand aber auch bei Kindern mit früh erlebten Trauma erkenntlich ist, kann ausführlich durch Professor Elbert, UNI Konstanz erklärt werden, und dass das PTSD-Gen sogar vererbt werden kann http://www.pnas.org/content/109/22/8746.full?sid=8071eadd-f465-4f26-a800-325b27471671
Dazu kommt, in leider zu vielen Fällen, ein zerstörtes Immunsystem das ausschlagbebend für ein breites Spektrum schwer zu heilender Krankheiten erzeugt. Dies kann durch Professor Kellner, Uni Göttingen belegt werden. Eine weiterer wissenschaftlicher Beweis ist, dass Kindesmisshandlung, vor allem sexuelle Gewalt, verehrende genetische Folgen hat:
“ Increased methylation of glucocorticoid receptor gene (NR3C1) in adults with a history of childhood maltreatment: a link with the severity and type of trauma”: http://www.nature.com/tp/journal/v1/n12/full/tp201160a.html
und, als nur eines von vielen Beispielen,:
„Interleukin-36–Receptor Antagonist Deficiency and Generalized Pustular Psoriasis“: http://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMoa1013068
Die kognitive Psycho-therapie in Deutschland legt den Schwerpunkt auf Verhaltens- Änderungen, welche wiederum keine wissenschaftliche Heilungsbeweise vorlegen kann und doch Unsummen an Therapie-Gebühren verschlingt.
Der Grund: eine Gewalterfahrung ist ein nonverbaler Imprint (hilfloses Erlebnis) verankert tief im Neo-Cortex – dort, wo Worte keinen Zugang haben – Ergo: Kognitive Therapie (darüber reden) bringt allen falls Katharsis (Linderung von emotionalen Spannungen), nicht das heilende Löschen eines Traumas. Dazu empfehle ich ein Buch „Vorgeburtliches Bewusstsein“ Das geheime Drehbuch, das unser Leben bestimmt, Autor: Arthur Janov. Diese Buch das aus dem Englischen ins Deutsch übersetzt wurde, erscheint im September 2012 beim Scorpio Verlag München:
http://www.scorpio-verlag.de/default.asp?Menue=&Buch=106
Zu den Thema:
„die Realisierung des von vielen Betroffenen ausgesprochenen Wunsches an die Politik, erlebte Situationen für die Zukunft zu vermeiden“, – biete ich meine Gedanken und Erfahrung an.
Bayern kann nur eine Wiederholung der Misshandlungen vermeiden wenn die verletzten Menschen Heilung und Hilfe erfahren.
Meine 18 jährige Erfahrung erlaubt mir zu sagen, dass wir KEINE Jugendämter brauchen, sondern Eltern-Hilfe.
Der Grund dafür ist ganz einfach: es ist NUR der Misshandelte der wieder misshandelt.
Die neuen Jugendschutzgesetze dienen vor allem der Verwaltung und Kontrolle aber zeigen wenig Einfühlungsvermögen in die wirklichen Bedürfnisse des Kindes oder therapiebedürftigen Eltern. Dieses System ist eine nichtendende Spirale die zu keiner permanenten Lösung führt; denn jedes weitere Kind das eine Mutter gebärt (deren vorhergehendes Kind vom Jugendamt genommen wurde) kann ihr genommen wieder genommen werden. Die Kosten steigen und niemanden ist wirklich geholfen.
Wenn wir Eltern helfen ihr Trauma aufzulösen unterstützend Beistand leisten, erkennen wir, dass eine „psychisch gesunde“ Mutter ihr Kind nicht misshandelt, immer vor Gefahren beschützt und mit Liebe erziehen wird, niemals in ein Heim geben würde und psychisch gesunde Kinder heranwachsen lässt – ohne Trauma – die wiederum eine gesunde Gesellschaft bilden.
Wenn wir Eltern direkt helfen, wird die Millionen administrative Kostenlast der Jugendämter auf ein Drittel reduziert.
Überlegen Sie zusammen mit Ihren Kollegen was das Jugendamt seit 1949 wirklich erreicht hat?
Meine Kurzbilanz:
Kinder wurden den Müttern genommen und in teure Unterkünfte gesteckt. Das Ergebnis daraus haben wir heute – psychisch und körperlich zerstörte Menschen. Das heutige Jugendamt Muster, mit den weitaus höheren administrativen Budget und den hohen Heimunterbringungs-Gebühren, ist aus der natürlichen Sicht, ein Fehler. Das Jugendamt bedient sich den alten Vorkriegsmetoden, indem es Mütter ihre Kinder entzieht, anstatt die Ursache zu erkennen warum Eltern ihre Kinder misshandeln. Impliziertes Trauma lebt weiter – und nur kindheitsmisshandelte Eltern werden ihre Kinder misshandeln.
Natürlich gibt es Heimkinder die sagen, dass es im Heim besser war als zu Hause. Solche Aussagen sind psycho-analytisch erklärbar. Jedes Kind das im Elternhaus misshandelt wird, sucht Schutz und wird jede andere Unterbringung als besser empfinden, was aber nicht sagt, dass es im Heim gut war. Wissenschaftliche Berichte beweisen, dass ein Heim kein Ersatz für die Mutter ist.
Bayern könnte das erste Land sein das effektvoll und führend bei Präventionen ist.
Wenn das Ziel Prävention ist, müssen wir umdenken und die veralteten Methoden vergessen und effektivere Lösungen finden.
Nichts ist wichtiger und mehr einschneidend für das Leben eines Kindes und auschlaggebend als Erwachsener, als die Liebe einer Mutter. – Ein geleibtes Kind wird nicht zum Gewalttäter.
Wie viel weniger kostet es einer Mutter therapeutisch und/oder auch finanziell zu helfen? Eine Aufklärung, was ist Gewalt – was ist natürliche Geburt und Kindererziehung könnte schon in der Schulen und vor Schwangerschaft beginnen.
Die Beweise für gesund geborene Kinder liefert u.a. Dr. Neils Bergmann, dessen Bericht in der „Stillzeit“ (Die Fachzeitschrift der AFS Ausgabe 2/2005) Titel: „Känguruhn für die Seele“ Seite 30, zu lesen ist und das schon erwähnte Buch von Dr. Janov.
Bayern könnte mit den schon bekannten Genforschungen beginnen und dieses Wissen in der Heilung einsetzen anstatt Krankenkassen Milliarden für nicht wirksame Medikamente und Anwendungen zu belasten. Alles zusammen hat den u. a. einen Kostensparenden Effekt, der sich schon sehr bald in den Zahlen der weniger Sozialhilfe-Bedürftigen (Hartz IV) ausdrückt. Denn – ein gesunder Mensch beteiligt sich gerne am Leben und arbeitet auch gerne und wird somit ein gewinnmittragendes Mittglied einer Gesellschaft.
Vielleicht erkennen Sie in meinem Vorschlag wie Gewalt maßgebend, nicht nur den Einzelnen sondern eine Gesellschaft verändert, welche wiederum, wenn nicht erkannt und geändert, ein Land schwächt.
Sehr geehrter Herr Unterländer, meine heutige Arbeit und Wissen habe ich nur erlangen können indem ich Deutschland als 42 jährige verlassen habe. Die Stigmatisierung die heute noch in der Bevölkerung lebendig ist, und die Selbstgefälligkeit meiner damaligen Mitmenschen, die mich eine „Heim-Schlampe“ nannten, ließ mir nur zwei Möglichkeiten – Selbstmord oder Deutschland zu verlassen.
Heute werde auf Grund meiner Auswanderung noch einmal benachteiligt.
Seit Jahren kämpfe ich um meine Frührente in Deutschland, doch die Rentenastalt gewann letztes Jahr noch einmal, trotz vieler medizinischer Befunde und psychiatrischer Gutachten. Ich kenne viele Menschen in Deutschland die Frührente bekommen deren Krankheitsbild aber weit weniger schwerwiegend ist.
Warum werde ich diskriminiert?
In diesem Jahr wurde mir auf einem OEG Antrag bestätigt, dass ich alle Kriterien für eine Opferrente erfülle, – doch nachdem ich in der USA lebe und seit 1999 US Bürgerin bin, werde ich keine Opferrente erhalten.
Herr Unterländer, ich wurde in Deutschland zu Opfer vieler Gewalttaten!
Liegt hier ein Fehler im Gesetz vor?
Ich bedanke mich für die Zeit die sich nahmen mein Anliegen zu lesen.
Bitte entschuldigen Sie mein unzulängliches Deutsch.
Mit freundlichen Grüßen,
Sieglinde Alexander