Betr.: Ihre E-Mail vom 21. Juli 2022
Sehr geehrte Frau Alexander,
vielen Dank für Ihre E-Mail vom 21. Juli 2022 an Kerstin Claus, die Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, und für das Vertrauen, das Sie ihr und uns als Arbeitsstab damit entgegenbringen. Ich bedanke mich ausdrücklich auch im Namen von Kerstin Claus, der Ihr Schreiben vorgelegt wurde.
Seit vielen Jahren engagieren Sie sich für Betroffene, die in ihrer Kindheit und Jugend Gewalt in verschiedenen Formen erfahren haben. Sie entwickelten und pflegten Webseiten und haben auch aktuell eine Webseite, die sich an Betroffene von Kindesmisshandlungen richtet. Auch Sie persönlich waren in Ihrer Kindheit von sexualisierter, körperlicher und psychischer Gewalt betroffen und haben darüber sogar ein Buch geschrieben. Schon im Vorwort wird deutlich, dass die Folgen dieser Gewalterfahrungen Sie viele Jahre lang sehr belastet haben und dass das Schreiben Sie viel Kraft gekostet hat. Dadurch, dass Sie mit den Webseiten und Ihren persönlichen Erfahrungen an die Öffentlichkeit gehen, sprechen Sie viele Menschen an, die selbst betroffen sind, und können diesen eine Hilfe sein.
Ich habe großen Respekt vor Ihrem Engagement und danke Ihnen dafür.
Sie bitten um Kontaktaufnahme durch Frau Claus und bitten um ein direktes Gespräch mit ihr. Das ist in dieser Form leider nicht möglich. Viele Menschen wünschen sich aus unterschiedlichen und stets nachvollziehbaren und wichtigen Gründen eine individuelle Unterstützung durch die Unabhängige Beauftragte, was allein aufgrund der Fülle der an sie herangetragenen Wünsche nach persönlichem Kontakt nicht machbar ist. Auch wenn Sie darüber enttäuscht sein mögen, bitte ich Sie um Verständnis dafür. Ihre Erfahrungen, die Sie beschreiben, sind in jedem Fall bedeutend für uns, da sie in unsere Arbeit einfließen und einen wichtigen Baustein bilden, wenn es darum geht, Anliegen von betroffenen Menschen auf politische und gesellschaftliche Ebenen sowie in Institutionen zu tragen.
Ich möchte Sie dazu ermutigen, sich zu vernetzen, z.B. mit Fachberatungsstellen in Ihrer Region. Adressen davon finden Sie bei Interesse auf dem Hilfe-Portal Sexueller Missbrauch unter www.hilfe-portal-missbrauch.de oder auf der Webseite des Bundesverbandes der Frauenberatungsstellen und Frauennotrufe unter www.frauen-gegen-gewalt.de. Auch im Rahmen von Betroffeneninitiativen, Selbsthilfeforen etc. können Ihre Erfahrungen anderen eine Hilfe sein und Ihren politischen Forderungen mehr Nachdruck verleihen.
Darüber hinaus haben Sie auch die Möglichkeit, bei einem Anruf beim bundesweiten Hilfe-Telefon Sexueller Missbrauch explizit Ihre politischen Anliegen weiterzugeben. Anliegen und Impulse, die in diesem Rahmen aufgenommen werden, fließen auch wieder in unsere Arbeit mit ein. Sie erreichen die Fachkräfte am Hilfe-Telefon immer montags, mittwochs und freitags von 9 bis 14 Uhr sowie dienstags und donnerstags von 15 bis 20 Uhr unter der kostenfreien und anonymen Nummer 0800 22 55 530.
Ich danke Ihnen für Ihre Offenheit und Ihr Engagement und wünsche Ihnen alles Gute für Ihren weiteren Weg.
Mit freundlichen Grüßen
im Auftrag
Jana Maria Charlet