Interview mit US-Bürgerin:
Georg W. Bush im Gefängnis und Barack Obama im Weißen Haus?
Donnerstag, 6. März 2008 von Heinz-Peter Tjaden
Deutschland ist ihr zu eng geworden, deshalb wanderte sie in die USA aus. Dort besuchte die in Bayern nahe Donauwörth Geborene eine Journalistenschule, studierte Psychologie und schrieb ein Buch über ihre Kindheit und die vier Jahre, die sie in einem Heim verbracht hat. Sie schreibt Artikel über die langfristigen Folgeschäden von Kindesmisshandlung.
Ich fragte Sieglinde Alexander nach dem Leben in den USA, nach der gegenwärtigen politischen Stimmung in ihrer neuen Heimat und erfuhr von der jetzt in New Mexiko Lebenden so ganz nebenbei, dass US-Präsident Georg W. Bush nicht mehr jeden Bundesstaat bedenkenlos betreten darf.
Tjaden: Sie sind als Deutsche in die USA ausgewandert. Wenn Sie drei Unterschiede zwischen Ihrer alten und Ihrer neuen Heimat nennen sollten, welche wären das?
Sieglinde Alexander: Als ich 1991 als 42-Jährige auswanderte, kannte ich niemanden in den USA. Ich sprach fast kein Englisch noch konnte ich Englisch lesen oder schreiben. Ich musste es trotzdem wagen, da ich mit dem dominanten, engstirnigen Hierarchiedenken der Deutschen nicht mehr leben konnte. Der wirkliche Unterschied zwischen Deutschland und den USA wurde mir erst viel später, in 1996 bewusst.
Hier in der USA leben noch Menschen mit echter Menschlichkeit. Sie sprechen deshalb offen über private Probleme, – sie stellen keine Bedingungen an ihre Mitmenschen -, vermitteln keinen Zwang zu helfen und müssen nicht mit Sie angesprochen werden, um ihren persönlichen Status aufrecht zu erhalten. Ein weiterer Punkt ist sehr wichtig. Der größte Teil der Bevölkerung von Amerika lebt nicht in Wohnungen, sondern in Häusern mit Garten, was wiederum den Menschen erlaubt, sich emotional besser zu entfalten und weniger Aggressionen zu entwickeln.
“Hoffnung liefert keine Ergebnisse”
Tjaden: In den deutschen Medien ist fast schon eine Euphorie entstanden, weil der gegenwärtige US-Präsidentschaftswahlkampf Hoffnungen weckt, die mit den Demokraten verbunden sind. Gibt es darauf ein Echo in amerikanischen Medien?
Sieglinde Alexander: Auf politischer und wirtschaftlicher Ebene braucht Amerika mehr als eine Hoffung. Hoffnung liefert keine Ergebnisse. Die amerikanische Gesellschaft weiß aber auch, dass es wohl keiner der Kandidaten schaffen wird, das Billiarden-Defizit, das Bush produziert hat, auszugleichen und den Schaden der Irak-Invasion wieder gut zu machen. Trotzdem will jeder eine Änderung. Nur wenn man die Menschen in den USA fragt, von welcher Änderung sie sprechen, gibt es keine Details. Für den wachsamen Beobachter ist eine spürbare Resignation und Depression in der Bevölkerung zu erkennen, die nach Änderung schreit.
Tjaden: Die größte Boulevardzeitung in Deutschland wettet, dass Barack Obama der nächste US-Präsident wird. Deckt sich das mit der politischen Stimmung in den USA?
Sieglinde Alexander: Barack Obama genießt die mehrheitliche Sympathie der Gesellschaft, die so langsam beginnt zu fühlen und zu erkennen, dass Hillary Clinton auf einem Erfolgstrip ist – so wie sie von ihrem herrschsüchtigen erfolggetriebenen Vater erzogen worden ist.
Der Mittelstand wird immer ärmer
Tjaden: Gibt es in den USA auch den Vergleich von Obama mit John F. Kennedy?
Sieglinde Alexander: Der Kennedy-Vergleich wurde einmal gebraucht, hat aber gleich wieder an Wirkung verloren. Wenn Barack die Kandidatur gewinnt, dann nur deshalb, weil er die Bedürfnisse und Nöte der Bevölkerung erkennt und kein “Kriegs-Präsident” sein will. Barack war bislang der einzige Kandidat, der begriffen hat, dass die amerikanische wirtschaftliche Stabilität im Mittelstand der Bevölkerung liegt. Der Mittelstand, der 80 Prozent der US-Bevölkerung ausmacht, wurde aber seit der Bush-Regierung immer ärmer, was am fallenden Dollar zu erkennen ist.
Wie stark die Bevölkerung in den USA die Machenschaften von Bush und Cheney verachtet, kann man an der Reaktion des Staates Vermont erkennen. Diese Bürger haben einen Strafantrag gegen Bush und Cheney gestellt wegen Missbrauch des US-Grundgesetzes. Beide, Bush und Cheney, werden verhaftet, sobald sie den Staat Vermont betreten.
Tjaden: Haben die Republikaner überhaupt noch eine Chance, weiter den Präsidenten zu stellen?
Sieglinde Alexander: Sollte, wenn überhaupt, ein neuer Kandidat der Republikaner auftauchen, wird dieser nur wenig Erfolg in dieser Wahlperiode haben. Die Mehrzahl der amerikanischen Bürger wollte keine Kriegsinvasionen, kein Abu Ghraib, keine Menschenrechtsverletzungen.
“Die Mehrheit hat begriffen, dass Vorurteile keine Fakten sind”
Tjaden: Ein Schwarzer als möglicher Präsident, vor wenigen Jahren noch völlig undenkbar. Warum ist dieses Undenkbare 2008 in den USA nicht mehr undenkbar?
Sieglinde Alexander: Vielleicht ist es nur für Nicht-Amerikaner das “Undenkbare”.
Sicher gibt es in den USA noch Rassenvorurteile unter den weniger Gebildeten und unter denen, die von dem Generationen alten rassistischen Angstdenken impliziert sind, doch die Mehrheit hat begriffen, dass Vorurteile keine Fakten sind. Ein Beweis für meine Aussage ist der Staat Vermont. In diesem Staat leben “Weiße” in der Überzahl. Die Wähler von Vermont verstanden, dass Barack die besseren Pläne mitbringt, die sinkende wirtschaftliche Lage in der USA zu verbessern. Vor allem wird Barack die US-Außenpolitik auf diplomatischer Ebene führen, nicht mit Waffen.
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