Kommentar von Sieglinde Alexander
Nach zwei Jahren hat der RTH nun SEIN Ziel erreicht: Den Opfern eines unmenschlichen Systems erneut ihre Wertlosigkeit vor Augen zu führen.
Von Anfang an ging es lediglich um finanzielle Schadensminderung. Die Betroffenen selbst bekamen keine ausreichende Möglichkeit zur Aufarbeitung des Erlittenen, und redliche Wiedergutmachung stand nie auf der Tagesordnung.
Der RTH hat zwar anerkannt, dass Unrecht geschah, nennt aber keine Schuldigen.
Ebenso wenig wurde die juristisch wichtige Aussage gemacht, dass es ein Rechtsstaat war, in dem Unrecht geschah. Immerhin ging es dabei um 700 000 bis 800 000 Kinder- und Jugendliche!
Die verantwortlichen Trägerinstitutionen und die Länder wurden geschont und dadurch die Opfer noch einmal erniedrigt und gedemütigt.
Die Opfer der Heimerziehung werden als „Bedürftige“ angesehen ohne anzuerkennen, dass es systematisches Unrecht und das Versagen der staatlichen Aufsichtspflicht waren, die dazu beitrugen, Kinder und Jugendliche für den Rest ihres Lebens physisch, psychisch und sozial zu zerstören. Der ‚Armentopf’ mit nur 120 Millionen ist keine Wiedergutmachung, sondern ein Ruhigstellen von Bedürftigen.
Dem RTH wurden wichtige Informationen und Vorschläge vorgelegt, die aber, wenn überhaupt, nur am Rande beachtet wurden. So fehlt zum Beispiel eine angemessene Vertiefung mit den bis heute noch fortdauernden psychischen und physischen Folgeschäden jener Misshandlungen unter denen viele Opfer noch heute massive leiden.
Grundgesetze wurden seitens der Institutionen und vom Staat selbst gebrochen. Dies geht aus den Berichten der Opfer der Heimerziehung hervor sowie aus den Forschungsergebnissen von Frau Dr. Wapler (nachzulesen in der Expertise Recht). Es wird im Abschlussbericht nur auf diese Verletzung des Grundgesetzes hingewiesen.
Diese Fakten wurden aber weder ausreichend wahrgenommen noch im Detail berücksichtigt.
Warum wurde – was naheliegend gewesen wäre – kein Menschenrechtsexperte zum RTH geladen? Es hat den Anschein, dass das Thema Menschenrechtsverletzung vermieden werden sollte. Wie viel der Artikel 1 des Grundgesetzes – „Die Würde des Menschen ist unantastbar“ – tatsächlich wert ist, zeigt sich im Abschlussbericht, der einer finanziellen Schadensminderung gleichkommt.
Der Sozialstaat Deutschland hat sich an seinen ehemaligen Heimkindern noch einmal schuldig gemacht. Um Gerechtigkeit zu finden sind nun neue Schritte nötig.